TAG 3 BEIM DSTNCMP²³.

AM 11. Mai 2023 VON WOLFGANG WEILER

Überraschung gelungen

Traditionell ist der Veranstaltungsort für den netzvitamineABEND während des DestinationCamp ein gut gehütetes Geheimnis. Auch dieses Mal wusste, bis auf einzelne Superschlaue, niemand von den Teilnehmenden des DSTNCMP²³, wo sie den Donnerstagabend verbringen würden. Entsprechend erstaunt klangen die Aahs und Ooohs als nach wenigen Minuten Busfahrt hinter einer Kuhweide die ikonografische Architektur des Festspielhauses Erl aufschien.

In den anliegenden Felshang hineingetrieben, wirkte die anthrazitfarbene Fassade wie eine dynamisch "gefaltete" Fortsetzung der Landschaft. Auf manche wirkte sie im Kontrast zu dem weiß aufstrebenden Passionsspielhaus nebenan wie ein unkonventionell am Waldrand geparktes futuristisches Ufo.

VORMITTAGS SESSIONS, NACHMITTAGS ERLEBNISSE
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Nach den Sessions und Workshops vom Vormittag waren viele Teilnehmende wieder zu den Erlebnisangeboten gestartet. Da bot sich ein Ausflug zu den "Blondinen" auf dem Fohlenhof des Haflingerzuchtgestüts in Ebbs ebenso an wie zu den Glasbläsern von Riedel oder in die "Crownhill"-Destillerie von Manfred Höck. Die Rohstoffe für seine höchstprämierten Edelbrände und Liköre wachsen an den gut 150 Äpfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumen auf den Wiesen um den abgelegenen Kronbühelhof bei Schwoich.


Der Yoga- und Kräuterworkshop im Riedel-Festsaal war gut besucht, ebenso die Felsenkellerkäserei von Herbert Plangger und die Führung durch die Heldenorgel auf der Festung.


Frei nach dem Motto: Arbeit plus Freizeit gleich Workation.

ARCHITEKTURJUWEL AN DER LÖWENZAHNWIESE

Und nun lag vor allen hinter der Löwenzahnwiese die regenglänzende, gezackte Fassade aus Beton, Glas und schwarzem Faserzement des Festspielhauses Erl. Und daneben, als Kontrast und Ergänzung des Ensembles am Rande der 1.200-Einwohner-Gemeinde, der hellaufstrebende weiße Rundbau des berühmten Passionsspielhauses Erl.

Nach dem obligatorischen Gruppenfoto für die WERKSCHAU führten die Platzanweiser:innen in den steil aufragenden Konzertsaal. So beeindruckend sich der Raum präsentierte, sollte er doch nicht der Hauptort des Abends werden.

Zum Auftakt hob sich die 160 m² große Vorbühne mit den singenden drei von "Die Herren Wunderlich" aus dem drei Meter tiefen Orchestergraben. Der stimmgewaltige Tenor erwies sich als Kulturamtsleiter Herbert Oberhofer, das Alter ego der Retro-Dragqueen vom Eröffnungsabend. Die Herren Wunderlich leisteten auch später noch manchen Beitrag zu dem gelungenen Abend.

DANK AN DIE DSTNCMP-PARTNER

Zunächst dankten die netzvitamine-Geschäftsführer Benjamin Buhl und Stefan Möhler den Partnern für die Unterstützung des DSTNCMP²³.

Moderator Bernhard "Börnie" Lingg begrüßte Natascha Müllauer, die Direktorin und kaufmännische Geschäftsführerin der Tiroler Festspiele Erl. Sie bezauberte die Zuhörenden mit ihrer erfrischenden Art und eloquenten Informationen zum Festspielhaus.

Das Festspielhaus unterhalte ein eigenes über 100-köpfiges Orchester, eine eigene Kostümmanufaktur und einen 32-köpfigen Chor.

Die Akustik des Saales ist eine der besten in Europaberichtete Natascha stolz. Durch die freistehenden Wände aus kanadischem Akazienholz sei selbst bei großen Besetzungen eine vollkommene Transparenz des Klanges gegeben.

SEIT 1613 PASSIONSSPIELE, SEIT 2013 FESTSPIELE

Aber wie kam der kleine Ort zu einem solchen Ensemble? Der Grund liegt Jahrhunderte zurück: Erl gehörte wie Kufstein mal zu Bayern, mal zu Österreich, wurde immer wieder verwüstet und zwei Mal komplett zerstört. Schließlich hatten die Bewohner die Nase voll und gelobten, alle sechs Jahre die Passion Christi aufzuführen, wenn der Ort nur vom Krieg verschont bliebe. Er blieb verschont, die Bewohner lösten ihr Gelübde 1613 ein. Seitdem gehören die Passionsfestspiele Erl mit denen in Oberammergau zu den ältesten in Europa.

Die Passionspiele finden alle sechs Jahre im Sommer statt. Auch das 1959 neu errichtete weiße Passionsspielhaus wurde ohne Heizung konzipiert, war über lange Monate also nicht zu bespielen. Deshalb wurde 2006 ein Architekten-Wettbewerb für ein ganzjährig zu nutzendes Festspielhaus ausgelobt. Den gewann 2010 das Wiener Büro Delugan Meissl.

Mehr als 100.000 Tonnen Fels wurden aus dem Hang gesprengt, um das architektonisch höchst raffinierte Festspielhaus aufzunehmen, ohne das Passionsspielhaus optisch in den Hintergrund zu drängen. Den 40 Millionen Euro teuren Bau hat die Gemeinde Erl im Wesentlichen der Privatstiftung des Bau-Tycoons und Strabag-Eigners Hans Peter Haselsteiner zu verdanken. Am 26. Dezember 2012 wurde das Festspielhaus eröffnet, die erste Festspielsaison war 400 Jahre nach dem ersten Passionsspiel.

GREEN EVENT UND DSTNCMP-WALD

Dann flimmerte eine Zahl über die Leinwand: 2.776. So viele Bäume wurden bereits als Kompensation für den durch das DestinationCamp in den letzten beiden Jahren verursachten CO₂-Ausstoß gepflanzt.

Seit 2017 ist die Veranstaltung als klima- und wasserneutral zertifiziert. Und das DSTNCMP²³ war zum Auftakt vom österreichischen Umweltministerium zusätzlich als erstes großes GreenEvent Tirols ausgezeichnet worden.

PREISTRÄGER DES DSTNCMP-WANDERPOKAL IST WIESBADEN

Dann pitchten fünf Finalisten um den Wanderpokal des DSTNCMP-Preises.

Die Stimmen der vierköpfigen Jury zählten zu 49,9 % in das Gesamtergebnis, die Lautstärke des Publikumsapplauses über zehn Sekunden zu 50,1 Prozent. Somit standen die Gewinner bald fest: Den 3. Preis bekam "FöhrGreen", ein Netzwerk auf der Insel Föhr aus Betrieben, die sich aktiv für Nachhaltigkeit einsetzen. Der 2. Preis ging an "First Date Tourismus" der Thüringer Tourismus GmbH in Erfurt für ihre Pop-Up-Stores zu Berufen rund um den Tourismus.

Schließlich überreichte Vorjahrespreisträgerin Kathrin Dürr von Alpsee-Grünten Tourismus den Wanderpokal an den Sieger "Plazy – the Art of Lazy Planning". Die PWA will die kurzfristige zielgruppenselektive Reiseplanung für Städtetripps – in diesem Fall Wiesbaden – erleichtern.

Der Wanderpokal des DestinationCamp verbleibt jetzt bis zum DSTNCMP²⁴ in Wiesbaden.

KLASSISCHES KAMMERKONZERT UND DINNER OHNE FLEISCH
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Festspielhaus-Kapellmeister Beomseok Yi am Klavier, Orchesterwartin Allegra Camici Roncioni mit der Oboe und Anastasiya Sychova an der Geige rissen die Zuhörenden mit einem eigens für das DSTNCMP²³ arrangierten Kammerkonzert zu Begeisterungsstürmen hin und sorgten dann nach dem Dinner mit beschwingten Operettenmelodien für eine fröhliche Gelassenheit.


Davor öffnete sich der riesige Bühnenvorhang: Staunende Augenpaare richteten sich auf runde Achtertische, weiß gedeckt für ein festliches Dinner. Über die Seitenbühne betraten die Teilnehmenden die Welt hinter dem Vorhang – waren plötzlich Teil ihrer eigenen Inszenierung.


Das festliche Dinner war ein weiterer Beleg für den Mut der DestinationCamp-Macher zu unkonventionellen und nachhaltigen Lösungen: Das Menü bestand allein aus veganen und vegetarischen Köstlichkeiten – Kohlrabi-Carpacio, Kopfsalat-Risotto mit Onsen-Ei, Jackfruitburger und Passionsfruchtsorbet. Hervorragend zubereitet und serviert vom Catering der Festungswirtschaft Kufstein.


Und dann ging die Party ab: DJ Pyrit riss alle vom Hocker. Alle tanzten – bis auf jene, die sich von Natascha in den Kostüm- und Requisitenfundus führen ließen. Dummerweise fuhr schon um 01:20 Uhr der letzte von sechs Shuttle-Bussen – mit zwanzig Minuten Verspätung.

Fotos von diesem TaG
CC-BY netzvitamine GmbH/ Johannes Leistner

DSTNCMP-PREMIUMPARTNER